Vorteile und Mehrweite der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung

In Deutschland werden jährlich zwischen 360 und 500 Milliarden Euro für die öffentliche Beschaffung ausgegeben. Ungefähr die Hälfte davon fällt auf die Kommunen und zeigt über was für eine Kaufkraft diese wirklich verfügen. Eine Umstellung der kommunalen Beschaffung hin zu mehr Nachhaltigkeit hätte also tatsächlich einen großen Einfluss auf den Markt. 

Jede, noch so kleine, Kommune kann also einen wichtigen Beitrag leisten, denn je mehr Akteure in die nachhaltige Beschaffung einsteigen, umso mehr nachhaltige Produkte werden zu besseren Preisen angeboten. 

Welche Mehrwerte haben Sie durch eine nachhaltige Beschaffung und Vergabe?

Soziale und ökologische Kriterien sind mittlerweile fest im Vergabegesetz verankert und längst nicht mehr vergabefremd. So geben zum Beispiel Mindestlöhne, Lebenszyklusbetrachtungen und Energieeffizienz bereits gewisse nachhaltige Standards vor. Die entsprechenden EU-Richtlinien wurden 2017 in der Unterschwellenvergabeordnung als „Nachhaltigkeit als Vergabegrundsatz“ (GWB, § 97. Abs. 3, http://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/VergaberechtundNachhaltigkeit/neuesvergaberecht_node.html) festgelegt. 

Alle Beschaffungsstellen in Schleswig-Holstein sind zudem angehalten Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und viele Kommunen haben dies bereits umgesetzt. Zudem hat das Land zur Unterstützung der Kommunen ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Beschaffung und Vergabe eingerichtet. 

Zudem muss die öffentliche Vergabe und Beschaffung nachhaltig gestaltet werden, damit die Klimaschutzziele des Landes erreicht werden können. Tragen auch Sie Ihren Teil zur Erreichung der Ziele bei und machen Sie Schleswig-Holstein nachhaltiger.

Die Schonung von Ressourcen, ein geringerer Einsatz von Schadstoffen und möglichst regionale Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen bedeuten positive Effekte für Menschen, Tiere und Umwelt. Zudem verschreiben sich immer mehr Kommunen dem Klimaschutz, um zu einer lebenswerten Zukunft für nachfolgende Generationen beizutragen.

Bei Beschaffungsmaßnahmen sollten also sowohl ökologische, wie auch ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt und verschiedene Fragen gestellt werden.

Man sollte sich z. B. stets fragen, ob ein Produkt wirklich benötigt wird? Denn die nachhaltigsten Produkte sind natürlich jene, welche gar nicht erst angeschafft werden. Eine nachhaltige Beschaffung gibt Ihnen also auch die Möglichkeit der Überprüfung und, wenn nötig, Umstellung und Neuordnung der bisherigen Prozesse. Vielleicht lassen sich einige Anschaffungen vermeiden oder können ersetzt werden, u. a. die Digitalisierung bietet hier zahlreiche Möglichkeiten. Mitunter können auch gebrauchte Produkte eingekauft oder bereits angeschaffte Produkte wiederverwendet werden.  Wenn ein Produkt beschafft werden muss, sollte geprüft werden, welches Angebot das nachhaltigste ist.

Die anzuschaffenden Produkte sollten außerdem so ausgewählt werden, dass sie möglichst lange genutzt werden können. Gerade bei technischen Geräten sollte auf eine lange Leistungsdauer und die Möglichkeit zum Austausch verschlissener Teile geachtet werden. Die entsprechenden Siegel garantieren eine lange Einsatzdauer und eine schadstoffarme Produktion. Der Einsatz von Ressourcen sollte möglichst gering sein, genau wie die verursachten Emissionen, dabei ist es wichtig die gesamte Lieferkette zu betrachten und nicht nur das Endprodukt.

Die Gestaltung einer nachhaltigen Gegenwart und Zukunft für uns und kommende Generationen liegt in unserer Hand, es handelt sich um eine Gemeinschaftsaufgabe, an der sich alle beteiligen können und müssen. Je mehr Akteure sich beteiligen, umso besser für alle. Städte, Gemeinden und Kreise können Beschlüsse zu nachhaltiger Beschaffung fassen und umsetzen und haben somit eine Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Dies benötigt natürlich eine gewisse Vorbereitung muss offen und rechtzeitig kommuniziert werden, um einen fairen Wettbewerb zu garantieren. Öffentliche Auftraggeber haben zudem eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft eine ökologische und soziale Wirtschaft zu unterstützen. Die Unterstützung von Unternehmen, welche keine existenzsichernden Löhne zahlen, belastet die Öffentlichkeit zusätzlich, da diese durch Sozialleistungen ausgeglichen werden müssen.

Auch sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz zunehmend ein Teil des öffentlichen Diskurses. Kommunen die sich präventiv mit diesen Themen beschäftigen, können eine Vorbildfunktion einnehmen und negativen Schlagzeilen bezüglich Ihrer Beschaffung vorbeugen.  

Kommunen die eine nachhaltige Beschaffung umsetzen nehmen eine Vorbildfunktion ein und setzen ein Zeichen für Klima- und Umweltschutz, sowie faire Arbeitsbedingungen. Die Kommune nimmt Ihre Verantwortung wahr und motiviert Unternehmen, Organisationen, andere Kommunen und VerbraucherInnen vor Ort ebenfalls auf die nachhaltige Beschaffung und Vergabe umzusteigen. Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden immer mehr zum Thema und gewinnen an Wichtigkeit für die Bürgerinnen und Bürger - seien auch Sie dabei! Denn eine nachhaltige kommunale Beschaffung erfüllt Ihren Auftrag und stärkt das Vertrauen in eine verantwortungsvolle Politik.

Je mehr Kommunen sich der nachhaltigen Beschaffung verschreiben, umso größer wird die Nachfrage nach umweltfreundlichen und fair produzierten Produkten. So wächst auch das Angebot und neue Produkte und Dienstleistungen entstehen. Ökologische Innovation in Unternehmen wird gefördert und zukunftsfähige Arbeitsplätze werden geschaffen, außerdem können positive Vorbilder Nachahmer anregen. Es gibt mittlerweile für die meisten Produkte nachhaltige Alternativen. Sollte dies nicht der Fall sein, können durch Anforderungen in der Ausschreibung trotzdem Anreize gesetzt werden, um die Produktion zukünftig nachhaltiger zu gestalten. Dabei sollte die gesamte Lieferkette betrachtet werden und, wenn nötig, schrittweise verbessert werden.

Ein Vorurteil gegenüber der nachhaltigen Beschaffung ist, dass diese teurer sei als der Einkauf konventioneller Produkte. Das Problem ist, dass hier oft die Folgekosten, also die sogenannten Lebenszykluskosten außer Acht gelassen werden. Berücksichtigt man die Langlebigkeit und geringeren Umweltkosten, sowie die sozialen Vorteile nachhaltiger Produkte, sind diese im Endeffekt meist günstiger. Nachhaltige Beschaffung ist also nicht nur etwas für „reiche“ Kommunen!

Die Preise für konventionelle Produkte bilden die wirklichen Kosten für Mensch und Umwelt nur bedingt ab. Höhere Standards bei z. B. Beleuchtungstechnik oder Weißgeräten führt auch zu einem geringeren Energieeinsatz, sodass sich höhere Anschaffungskosten schnell rechnen. 

Die kommunale Beschaffung hat ein riesiges Volumen, umso mehr nachhaltige Produkte nachgefragt und abgesetzt werden, umso günstiger werden diese. Aber bezüglich des Klimaschutzes sollte nicht rein nach wirtschaftlichen Argumenten eingekauft werden und andere Faktoren mehr Gewicht erhalten. Ein Beispiel hierfür ist die Umstellung einer Kommune auf Ökostrom. Auch unter den Ökostrom-Anbietern gibt es Konkurrenz und einige sind günstiger als andere, hier kann also unter den verschiedenen Angeboten nach wirtschaftlichen Aspekten ausgeschrieben werden. Man sollte dann aber nur den Ökostrom vergleichen und nicht noch konventionellen Strom mit einbeziehen, diese beiden Produkte sind nach den angelegten Standards nämlich nicht vergleichbar. Ökostrom hat viele ökologische und soziale Vorteile gegenüber dem konventionellen Strom. Berechnet man alleine die Kosten für die emittierten Tonnen CO2 (ca. 100 Euro pro Tonne) spart die Kommune bei einer Umstellung auf Ökostrom beträchtlich. Dieses Beispiel zeigt: nachhaltige Beschaffung benötigt auch den Perspektivwechsel der zuständigen Akteure.  

Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur einen geringeren Einsatz schädlicher Substanzen für Umwelt, Hersteller_innen und Anwender_innen, sondern eine generell höhere Verträglichkeit und damit Vorteil für die Gesundheit von MitarbeiterInnen. Es kann bei Produkten nicht nur auf den Einsatz von Chemikalien, sondern auch auf eine geringe Lärmbelästigung, Komfort für MitarbeiterInnen bei der Anschaffung von Büromöbeln und technischer Ausstattung geachtet werden. Emissionsarme Bodenbeläge sorgen zum Beispiel für weniger gesundheitsschädliche Substanzen in der Raumluft und Lärmarme Produkte (zum Beispiel Drucker) schonen Ohren und Nerven.